…den Opfer- / Täter-Kreislauf durchbrechen.
Narzisstisch, toxisch, ADHS, introvertiert oder doch nur bindungsgestört?
Heilen müssen, um mich aus toxischen Beziehungen zu befreien – das war das, was ich jahrelang denke und was mich irgendwie nie weitergebracht hat.
Wir reden zur Zeit alle von Narzissten, toxischen Beziehungen und red flags. Überall haben wir Opfer und Täter. Alle müssen wir unser Trauma heilen, damit wir gesunde Beziehungen führen können.
Ja und Nein.
Ich möchte dich an ein paar wichtigen Gedanken und Erkenntnissen teilhaben lassen. Denn ich war lange in einem Teufelskreis gefangen. Ich heilte und heilte und doch kam ich da nicht raus. Im Gegenteil, es wurde immer schlimmer, immer heftiger und intensiver. Bis ich dachte, das Einzige was mir bleibt, ist abzustumpfen und gefühlskalt zu werden.
Die letzten Jahre und vor allem Monate habe ich viel Zeit damit verbracht, meine vergangenen und neuen Erfahrungen zu beobachten und Gemeinsamkeiten / Muster zu erkennen. Ich habe mich mit meinem Kindheitstrauma beschäftigt, mich kopflos in neue Situationen gestürzt und mir neue Traumata dazugeholt. Mich so richtig schön retraumatisiert.
Nur um am Ende immer verwirrter zu sein, weil jeder Artikel, jedes Buch und jedes Video noch mehr Unsicherheit in mir hervorrief.
Ich hatte Schwierigkeiten damit, mich in das ganze System aus Begriffen und Diagnosen einzuordnen.
Aus jeder Ecke brüllte es einen neuen Begriff und ich dachte mir: Oh, DAS passt gut zu mir, JETZT kann ich mich besser verstehen.
Das und den muss ich meiden, dann wird schon alles gut.
Bullshit.
Das ist wie den Wohnort wechseln, wenn du mit dir selbst nicht klarkommst. Dich nimmst du immer mit. Und du musst auch nicht „heilen“, denn diese Wunden verschwinden nicht.
Die Suche nach mir zwischen all den toxischen Mustern
Ich hab mich gesucht, ja. Orientierungslos rumgestochert und verzweifelt nach dem Ausgang gesucht.
Mal hatte ich ADHS mit Hyperaktivität im Denken (Overthinking), dann „einfach nur“ Angststörungen, dann war ich depressiv, Anzeichen von Borderline, introvertiert und überhaupt irgendwie ein hoffnungsloser Fall für die Gesellschaft.
Es führte dazu, dass ich mich immer mehr zurückzog und die Zeit ohne Menschen lieben gelernt habe. An sich ja nichts Schlechtes, nur vielleicht aus den falschen Gründen. Weil ich nur alleine ich selbst sein konnte, in keine Schublade passen musste und auf niemanden Rücksicht zu nehmen brauchte. Weil ich fest davon überzeugt war, nicht gut für die Menschen zu sein, weil ja keiner mit mir klarkommen kann, so wie ich bin.
Bin ich glücklich damit? Nein. Das ging so weit, dass ich mir „toxisch“ immer schöner redete, auf der Suche nach Anerkennung und Akzeptanz unter „Gleichleidenden“. Denn wenn mich DIE nicht verstehen und akzeptieren, wer denn dann? Systemblinde sicher nicht…
Beobachtete ich mich aus der Metaebene, dann war ich mal Narzisstin, mal das Opfer. Mal war ich super egoistisch, eiskalt und unglaublich manipulativ. Dann wieder total in der Abhängigkeit, ohne eigenen Willen und Grenzen, habe mich in jede Ritze eingepasst ohne eigene Bedürfnisse und war am Ende doch die, die heulend Monatelang nicht loslassen konnte.
Je nachdem in welcher Situation ich mich befand und wer mir gegenüber stand, war ich Täter oder Opfer. Entweder egoistisch alles dominierend oder willenlos devot.
Da passt was nicht zusammen.
Kurzer Begriffsexkurs ins toxische Handbuch
Toxisch und Narzisstisch hören wir ja momentan aus jeder Ecke. Jeder Mann und jede Frau, die mal kurz sehr egoistisch sind und nicht auf den anderen achten, ist sofort narzisstisch.
Wir sind plötzlich alle manipulativ und jeder sollte sich in Sicherheit bringen.
Um das kurz vorweg zu nehmen: wenn ich hier von Narzissten rede, dann nicht von der narzisstischen Persönlichkeitsstörung, der Psychopathie. Diese Menschen werden nie in der Lage sein, anders zu denken und die Rolle zu wechseln. Die wollen aber auch keine Liebe. Wovon ich spreche, ist das wilde, toxische Schuld hin- und herschieben, das wir aktuell alle machen und es dann „Eigenverantwortung übernehmen“ nennen.
Mich hat das so heftig getriggert, denn auch narzisstische und toxische Menschen möchten geliebt werden. Denn sie haben sich dieses Muster genau deswegen angeeignet: als Schutz aus Mangel an Liebe und Akzeptanz. Wirklich, ich bekam jedes Mal Panikattacken, wenn es wieder hieß „cut them off°“ und ich hab mich mit Händen und Füßen dagegen gewehrt, diese Menschen loszulassen. Wieso? Weil ich selbst so bin und alle mich lieber off-cutten, statt sich die Mühe zu machen, das dahinter zu sehen und Geduld mit mir zu haben. Schlussendlich hab ich sie losgelassen und wohl mehr gelitten als die Losgelassenen.
Narzisstische Züge: Mit einem Wegnehmen von Liebe verstärken wir diese Muster also nur. Ich kenne das von mir. Ich habe so viele Menschen aus Selbstschutz aus meinem Leben gestoßen, die mir eigentlich gut taten. Nur war ich früher oder später an einem Punkt, an dem ich mich an sie und ihre Liebe gewöhnen könnte und um nicht verletzt zu werden wurde ich zum absoluten Arsch. Ja, zur Narzisstin. Ich hab halt das Handbuch für Narzissten auch irgendwann auswendig gelernt. Umso spannender wurden für mich Narzissten, denn ich VERSTAND sie paradoxerweise so vollkommen! Ich konnte jede ihrer Reaktionen und Impulse ins Detail nachvollziehen – weil ich selbst so war. Ich switchte meine Rollen fast auf Knopfdruck, wenn ich das wollte. Denn wir ALLE haben narzisstische Züge in uns und je nach Lebenslage treten sie stärker oder schwächer hervor.
Introvertiert und hochsensibel: Ich war gerne die, die sich mal zurückzog und auch Zeit allein verbrachte. Und doch hat es irgendwie nicht ganz gepasst, denn mit den richtigen Menschen um mich herum brauchte ich keine Ruhe oder Zeit allein. Ich habe mein ganzes Leben nie allein gewohnt, war immer umgeben von Menschen und ich liebte es! Also irgendwie passte auch das nicht. Ich kam zu dem Schluss, dass auch das introvertierte andere Gründe zum Schutz für mich haben muss. Dass es noch mehr geben muss, weswegen mir Menschen zu viel werden und ich den Rückzug antrete.
ADHS: Dann stolperte ich über ADHS. Zuerst, dass ADHS bei Mädchen kaum diagnostiziert wird, weil sie die typischen Anzeichen nicht zeigen. Nehmen wir das offensichtliche H für Hyperaktivität weg und setzen das in den – für andere nicht einsehbaren – Kopf der Mädchen, dann passt das wieder. Wir haben die Hyperaktivität wohl eher im Denken, was wiederum mich so gut beschrieb. Ich war schon immer unkonzentriert, hab in der Schule nie gelernt, prokrastiniere ohne Ende, zerdenke alles ins Detail, bin zerstreut und mach alles gleichzeitig. Doch wenn ich Spaß an was hab, bin ich im Tunnel und die Struktur- und Planungsqueen. Dann arbeite ich Stunden durch ohne Durst und Hunger und bin im absoluten Dopaminrausch.
Mittlerweile sind wir zum Glück so weit in der Forschung, zu erkennen, dass ADHS weder Störung noch Krankheit ist. Es ist eine Weiterentwicklung des Gehirns, angepasst an die Evolution. Das, was uns so Schwierigkeiten macht, ist das unpassende, veraltete System, das ADHSler in graue Roboter verwandeln möchte.
Depression und Anxiety: Das war eine meiner frühesten Diagnosen. 8 Jahre lang habe ich 4 verschiedene Medikamente genommen, um angepasst ans System brav zur Arbeit gehen zu können und ruhig meinen Alltag zu meistern. Ich habe eigentlich nur gearbeitet und geschlafen in diesen Jahren. Wer ich bin, wieso ich so bin und wie ich sein will, wusste ich nicht. Denn ich hab mich ja auch nicht gefühlt. Ich dachte mir nur immer „Ich bin nicht krank, ich versteh mich nur nicht“. Ich war nicht glücklich. Und es machte für mich keinen Sinn, wieso ich nur mit Tabletten ein Leben führen könnte. Da musste mehr dahinter stecken, also entsorgte ich 2019 alle Medikamente und machte mich auf die Suche nach dem Leben. Ich lernte leben.
Um noch mehr Gedanken und Begriffe in den Raum zu werfen: Borderline, Scannerpersönlichkeit, Delfine und Löwen und Human Design. Alles Begriffe, mit welchen so schnell und gerne um sich geworfen wird, nur um uns irgendwie zu kategoriesieren. Greifbar zu machen, in eine Schublade zu stecken. Schlussendlich schaffen es die Spirituellen dann auch noch, Psychosen als den Weg zur Erleuchtung schön zu reden. Yes, werden wir also alle wahnsinnig und sind keine Menschen mehr, dann fühlen wir auch nicht mehr und sind erleuchtet. Denn ein Mensch ohne Ego hat auch keine Gefühle, doch ist er dann noch Mensch?
Ich hab meine eigene Theorie zur Erleuchtung, die hat aber eher was mit dem Bewusstsein zu tun. Same shit different.
So. Viele Diagnosen, keine Erleichterung.
Die Sache mit dem Narzissmus, Täter und Opfer
Ich habe mir hunderte von Videos über Narzissmus und deren Opfer angeschaut, nur um es immer weniger zu verstehen. Da fehlte was…
Dass es einen Plus- und einen Minus-Pol dabei gibt, ja.
Dass es einen Täter und ein Opfer gibt, ja.
Dass es einen gibt, der mehr nimmt und einen, der mehr gibt, ja.
Aber…
…der Minus Pol hat genauso Plus-Anteile in sich und andersrum.
…es wird auch immer das Opfer zum Täter.
…der Gebende wird irgendwann zum Nehmenden.
Und vor allem hab ich ewig Halt gemacht an diesem Punkt: wenn ich da rauskommen will, muss ich wohl kalt, gefühllos werden. Es darf mich alles nicht mehr berühren und ich muss völlig selbstsicher und unbeeindruckt in mir ruhen. Zum Narzisst werden also? Denn mit Mensch und Gefühl hat das ja nicht mehr viel zu tun. Ich nenne das gebrochen.
Irgendwann stellte ich mir die entscheidende Frage:
In dem Moment, in dem sich jemand als Opfer bezeichnet und dem Narzissten die Schuld zuschiebt – wird derjenige dann nicht selbst zum Narzissten?
Denn plötzlich sprudelten bei jahrelangen Narzissmusopfer genau diese Diagnosen aus dem Boden: Narzisst.
Und wenn wir die ersten 3 Punkte von oben mal hernehmen und das narzisstisch streichen, dann haben wir eine ganz normale Beziehungsdynamik. Dazu später mehr.
Okay.
Wo bleibt da die Eigenverantwortung?
Greifen wir nochmal kurz das mit der Eigenverantwortung auf.
Wenn ich mich also als Opfer sehe und mich aus einer toxischen Beziehung befreie, dann übernehme ich in diesem Moment Eigenverantwortung.
Ich nehme mein Leben in die Hand und gehe.
Die Tatsache, dass ich genau dadurch diesem „Narzissten“ die Schuld an meinem Leid zuschiebe und mich von ihm/ihr lösen muss, um besser zu leben, spricht kaum einer aus.
Ich suche da noch nach der Eigenverantwortung.
Es ist eine Illusion zu denken, man würde etwas ändern, indem man ab sofort aus der Opferrolle geht. In diesem Moment wird der andere zum Opfer.
In diesem Moment redest du dir ein, du wärst selbst Schuld an deiner Lage, weil du es ja hast mit dir machen lassen. Insgeheim gehst du aber, weil ja doch der andere Schuld ist. Sonst würdest du ja nicht gehen. Merkste…?
Versteh mich nicht falsch, ich sage nicht, dass wir keine Beziehungen mehr beenden sollen.
Funktioniert es nicht, dann geh.
Willst du nicht mehr, dann geh.
Aber such nicht nach Trauma, Verantwortung oder Schuld.
Es geht darum, zu erkennen, dass du dein Trauma und deine Muster auf jeden Menschen projizieren wirst, egal wer vor dir steht. Du wirst den Menschen dazu BRINGEN, sich so zu verhalten, wie du es gewohnt bist. Es kann also nicht die Lösung sein, einfach die Menschen auszutauschen und zu hoffen, dass es mit dem Nächsten besser wird. Ich kann dir aus 16 Jahren Datingerfahrung sagen: es wird sich nichts ändern. Das Aussehen ändert sich, das Alter, aber schlussendlich hast du nach wenigen Monaten (ich schaffs jetzt schon nach wenigen Wochen) immer dasselbe Muster mit den selben Problemen vor dir.
Kann also nicht an meinem Gegenüber liegen. Kann nur an mir liegen. So bin ich zu einem Schluss gekommen: ich ziehe nicht immer den gleichen Typ Mann an, es geht viel tiefer und gleichzeitig ist es viel simpler.
Was ist es dann, was uns in toxische Beziehungen bringt und hält?
Unsicherheit.
Ich suche mir unsichere Menschen aus, denn ich bin es selbst. Für sichere Männer bin ich viel zu uninteressant. Es geht also viel weniger um die tatsächlichen Erlebnisse und Erfahrungen – Trauma – sondern einfach nur darum, dass unsichere Menschen manipulierbar sind und wir sie zu dem machen, was wir eigentlich vermeiden wollen. Weil wir damit umgehen können, das sind wir gewohnt.
Völlig egal welche Diagnose und welchen Begriff wir dem jetzt zuschieben, um uns aus der Verantwortung zu ziehen. Wir machen also genau das Gegenteil von Eigenverantwortung! Wir bleiben im endlosen Opfer-Täter Spiel und wechseln nur flüssig die Seiten.
Wie wir diesen Kreislauf beenden, verrate ich dir zum Schluss.
Toxische Beziehungen sind pure Unsicherheit
Reduzieren wir mal alles auf zwei Begriffe: Sicher und Unsicher.
Wir haben einen Pool mit sicheren Menschen und einen mit unsicheren.
Wie entstehen sie?
Die Sicheren sind die mit starkem Urvertrauen und gesunder Bindung zu den Eltern. Sie durften sich als Kind ausleben, Gefühle zeigen und stehen für ihren Selbstwert ein. Oder sie haben jahrelang an sich und ihrer Unsicherheit gearbeitet.
Die Unsicheren sind die mit gestörtem Vertrauen, schlechter Bindung, unterdrückten Emotionen und geringem Selbstwert. Depressiv, ängstlich und schwankend suchen sie sich ihren Weg durchs Leben.
So können wir all das Narzisstische, toxische, introvertierte in den Unsicherheitspool verschieben. Schon haben wir einfach einen Haufen Menschen mit geringem Selbstwert, der Bestätigung durch Identifikation mit anderen sucht, aber am wenigsten in sich selbst.
Wir haben einen Pool an Menschen, die sich die Opfer- und Täterrollen zuwerfen wie Spielbälle. Mal ist der eine Täter, dann wieder Opfer und andersrum.
Mal ehrlich, wie genau sich das zeigt und wie wir es nennen wollen um es zu verstehen, ist völlig egal.
Solange wir uns damit identifizieren, bleiben wir in diesem Pool der Unsicherheit.
Und solange wir nach einer Antwort suchen, identifizieren wir uns damit.
Wieso gibt es keine toxischen Beziehungen bei sicheren Menschen?
Ich hab mich oft gefragt, wie das dann bei den sicheren Menschen läuft und kam zu dem Schluss: die kriegen das gar nicht wirklich mit.
Denn ein in sich ruhender, sicherer Mensch mit gesundem Selbstwert blendet unsichere Menschen aus.
Lass einen Narzisst seine manipulativen Spielchen machen: einen sicheren Menschen beeindrucken sie nicht. Es ist sogar so, dass ein sicherer Mensch für den Narzissten gar nicht interessant wäre, denn er springt ja auf die Manipulation gar nicht an. Demnach kommen die beiden kaum in Berührung miteinander.
Jedes Spielchen, jedes Drama spielt sich also nur innerhalb der unsicheren Seite ab.
Zeig einem sicheren und einem unsicheren Menschen die selbe, „toxische“ Beziehungssituation: Die Antwort des sicheren Menschen wird sein: Naja, ganz normale Hochs und Tiefs einer Beziehung. Kommt vor, muss man halt mal aussitzen und drüber reden. Denn in jeder gesunden Beziehung gibt es mal jemand der mehr gibt und jemand der mehr nimmt. Gesund ist es dann, wenn sich beide reflektieren und in ihren Rollen dynamisch bleiben. Wenn es keine Ausschläge und Entgleisungen gibt.
Frag dasselbe den unsicheren Menschen und er wird dir sagen, wie manipulativ und zerstörerisch das ist oder wie Recht/Unrecht die Partner haben. Wie schnell man da raus sollte.
Denn sichere Menschen lassen sich davon nicht beeindrucken. Sie würden gar nicht erst an extrem unsichere Partner geraten, weil sie füreinander uninteressant sind und wenn, dann würden sie sich davon nicht aus dem Gleichgewicht bringen lassen. Sie würden viel mehr ruhig aushalten, statt sich gegenseitig immer weiter in die Abwärtsspirale ziehen zu lassen.
Ich erlebe das aktuell selbst: ich beobachte Manipulation und sie berührt mich kaum noch. Es ist eher wie einem Kind dabei zuzuschauen, das im Supermarkt schreiend auf dem Boden liegt weils keinen Lolli kriegt. Eskaliert halt grad, kannst nix machen, ist halt so. Aufregen und reinsteigern wirds nicht besser machen. Also zuschauen und vorbeiziehen lassen. Wenn es sich oft wiederholt wird es halt nervig und langweilig, denn es lässt sich vorhersehen.
Das ist das Geheimnis sicherer Menschen. Nicht gefühlskalt zu sein, sondern Gefühle an den richtigen Stellen zu zeigen. Und eben nicht bei Manipulationen und Spielchen, die nicht mehr sind als lautstarke Aufmerksamkeitsforderung eines Kleinkinds. Die dürfen ruhig und besonnen ausgesessen werden.
Und nochmal: ich rede nicht davon, dass es keinen Narzissmus gibt. Ich rede von dem aktuellen Trend, aus jedem egoistischen Muster und der EIGENEN Provokation Narzissmus zu machen. Jemanden aufgrund DEINER Unsicherheit und deiner Muster in die Rolle des Narzissten zu drängen und ihn dann als Täter zu bezeichnen (obwohl er oder sie dein Opfer ist…). Nur um dasselbe Spiel beim nächsten zu machen…
Denn wir haben weit weniger wirkliche Narzissten da draußen rumlaufen, als wir denken.
Heilen, um aus toxischen Beziehungen zu kommen
Für mich ist schon lange klar: ich will da raus.
Sowohl was toxische Familienmitglieder, Freunde und potentielle Partner angeht. Ich wollte das nicht mehr emotional an mich ranlassen, allerdings ohne abzustumpfen.
Doch jedes weitere Video über Narzissmus und Opfer brachte mich noch tiefer rein.
Überall redeten sie von Heilung, doch wie sieht Heilung aus?
Zu welchem Fazit ich kam?
Dass ich da nicht rauskomme, solange ich mich mit der unsicheren Seite identifiziere. Denn solange ich das mache, bin ich für die sichere Seite uninteressant und sie für mich zu langweilig! Weil das unsichere für mich bekannt ist, seinen Reiz hat und mich immer wieder bei sich behält.
Wenn ich denke, ich müsste von etwas heilen, bin ich darin gefangen und identifiziere mich damit. Etwas heilen zu müssen, heißt auch, dass es so wie es grade ist nicht okay ist. Es anzunehmen als Teil von mir befreit mich paradoxerweise von der Identifikation, da es keine Aufmerksamkeit mehr bekommt.
Ich werde selbstsicher und stärke meinen Selbstwert.
Wie ich das mache?
Ich ERHÖHE meine Standards!
Ich dachte immer, ich müsste mich anpassen, um gemocht zu werden. Bis ich gelernt habe, dass meine Standards für mein Gegenüber eine Orientierung sind. Eine Hilfestellung und Interesse an einer gemeinsamen Zukunft. Was ich erwarte, wie ich behandelt werden möchte und wie ich zu nehmen bin. Sie sind eine Erleichterung!
Ich setze mehr Grenzen.
Auch hier dasselbe: meine Grenzen zu kommunizieren und zu halten, ist für andere eine Hilfe, innerhalb welchen Rahmens sie sich bei mir bewegen dürfen.
Ich akzeptiere mich vollkommen.
Denn das Paradoxe: je mehr ich über mich lernen will und je mehr ich versuche mich zu verstehen, desto mehr drückt das ja aus, dass ich „besser“ werden will. Also bin ich in diesem Moment noch nicht gut genug?
Versteh mich nicht falsch. Ich darf mehr über mich und andere lernen, um mich reflektieren zu können. Um nicht kopflos aus dem Impuls heraus zu handeln, sondern meine Emotionen zu verstehen. Bewusster in meinen Handlungen zu werden. Ich bin nun mal ein Mensch mit Trauma und unschönen Mustern, die wollen schon auch durchbrochen werden. Doch ich als Mensch, mit meinen egoistischen und auch narzisstischen Anteilen, bin genau richtig so.
Das Opfer- Täter-Paradox auflösen
Ich bin weder Täter noch Opfer, sondern beides, so wie es gerade kommt und wie ich es gerade brauche. Das ist völlig okay, denn wir sind Menschen. Wir haben Gefühle und manipulieren, um uns besser zu fühlen. Der Unterschied ist, sich zu reflektiere und sich das eigene Verhalten bewusst zu machen. Aus dem bewussten heraus zu handeln, es zu überdenken, zu kommunizieren und das Warum herauszufinden und aufzulösen. Durch Akzeptanz. Nicht durch Opfer-/Täter-Identifikation.
Denn wir lieben es, Opfer zu sein. Wir halten regelrecht daran fest und geben so die perfekte Angriffsfläche. Wir MACHEN uns zum Opfer, indem wir uns damit identifizieren. Geichzeitig werden wir damit zum Täter. Wir manipulieren unser Umfeld, uns als Opfer zu sehen. Somit sind sie unser Opfer. Dabei hassen wir es. uns als Täter zu sehen. Ist es nicht viel einfacher, mit dem Finger auf andere zu zeigen? Also Stop it! Sobald ich Opfer bin, bin ich Täter und andersrum.
Ich habe also damit begonnen, mir meine unterbewusste Manipulation klar zu machen und mich als Täter zu sehen. So habe ich den Opferkreislauf schlussendlich durchbrochen!
Denn auch für jeden Schatten an mir gibt es einen Grund. Ich handle nicht mehr aus dem Unbewussten heraus und verletze Menschen (ok, manchmal vielleicht noch…), sondern ich setze meine Standards und Grenzen. Wer diese nicht akzeptieren möchte und mich für egoistisch hält, ist auf der unsicheren Seite gefangen.
Denn das hab ich jetzt gelernt: ein sicherer Mensch bewundert mich dafür, statt sich davon abschrecken zu lassen.
Ein unsicherer Mensch dagegen beschimpft und beleidigt dich dafür.
Ich beende das Schuldzuschieben und mich aus der Verantwortung ziehen, indem ich aufhöre, Menschen Begriffe zuzuordnen. Jemanden einen Narzissten zu nennen, schiebt lediglich demjenigen die Schuld zu und gibt mir die „Freiheit“ die Beziehung gesellschaftlich anerkannt zu beenden.
Ich darf auch einfach sagen: „Hey, dein Verhalten ist scheiße und ich will das so nicht.“ Das geht allerdings nur, indem ich meine Grenzen und Standards klar kommuniziert habe und sicher sein kann, den anderen NICHT in mein Muster gezwängt zu haben. Denn paradoxerweise, wenn ich meine Muster unbedingt vermeiden will, gebe ich ihnen die volle Aufmerksamkeit und zwinge sie dem anderen auf. Alles, weil ich mich dadurch identifizieren.
Solange wir uns als Opfer oder Täter identifizieren, bleiben wir genau das! Wir sollten uns lieber darauf fokussieren, selbstsicher zu sein und uns durch nichts aus der Ruhe bringen zu lassen. Standards und Grenzen definieren und klar kommunizieren, komme was wolle. DAS ist das, was sichere Menschen machen und was uns im Laufe des Prozesses auch Sicherheit geben wird.
Und: Mensch sein. Mit Gefühlen, Impulsen und Fehlern, nur eben nicht Impulsgesteuert aus Mustern heraus, sondern bewusst.